„Ein bisschen harte Kost“

Castrop-Rauxel, 21.09.2011, Gerhard Römhild


Castrop-Rauxel. Irritierende Malerei stellt die Galerie Art.Ist aus: Andros Bakos aus Ungarn zeigt fotorealistische Großformate - mit dem Hang zur Verletzlichkeit.

Muss Kunst eigentlich immer schön sein? Muss Kunst immer beruhigend wirken? Muss Kunst alles sofort erklären? Nö. Muss sie nicht. Sie kann oder besser sollte irritieren und durchaus etwas heftig daher kommen. Wer Lust auf solch eine spannende Auseinandersetzung hat, der sollte die Malerei von Andros Bakos anschauen, die in der Galerie Art.Ist jetzt gezeigt wird.

„Simulacra“, also simulierte Realtitäten nennt der Ungar seine Arbeiten, die durch ihre Größe und häufig auch den Pinselduktus beim Betrachter sehr präsent sind. Und bei ihm sorgen sie auch zunächst einmal für große Irritationen. Psychische und physische Verletztheiten, ja sogar Traumata werden durchaus fotorealistisch gezeigt. Doch die vermeintlich vordergründige Schönheit entpuppt sich als schreckliche Gegenrealität, ja als emotionslose Parallelwelt.

„Das ist schon ein bisschen harte Kost“, sagt Galerist Winfried Radinger, der Andras Bakos’ Kunst im letzten Jahr bei der „Im Fluge vergangen“-Ausstellung der Galerien Commandeur/Grosche sah. „Es war nur ein Bild, aber der Bildeindruck war durchschlagend. Wir haben es sofort genommen.“ Ein erstes Treffen in Innsbruck war schnell organisiert, der Kontakt somit da und die Ausstellung in trockenen Tüchern.

Der 29-Jährige lebt in Pecs und Budapest. Hier entstehen seine Bilder. Leinwand und Farbe nutzt er, um Fotografien, Standbilder aus Filmen und Foto-Scans, die allesamt aus unterschiedlichen Kontexten stammen, zu einer neuen Wirklichkeit zusammenzufügen. Was da so fotorealistisch daherkommt, lässt allerdings stutzen. Es stellt sich die Frage: Ist die Realität eigentlich wirklich, die da widergespiegelt wird? Oder ist es eine parallele Wirklichkeit, die da gezeigt wird? So findet sich neben einem der illustrierten Werbewelt entlehnten „Elle“-Foto mit Badeschönheit das Nahporträt einer Frau, deren Gesicht mit den Filzstiftmarkierungen des plastischen Chirurgen versehen ist: bereit zur Schönheits-OP. Scheinbare Realität trifft auf die Unvollkommenheit des menschlichen Körpers. Eine Tragödie? Muss nicht sein, zumindest nicht bei Bakos. Denn seine Kunst will keinesfalls belehrend sein.

Und damit können alle aufatmen, die den Besuch einer Ausstellung mit der bangen Frage verbinden: Verstehe ich das richtig? Galeristin Gisa Radinger: „Es gibt weder richtig noch falsch in der Interpretation dieser Kunst.“

Quelle: www.derwesten.de/...