Dem weißen Gold, wie das Porzellan auch bewundernd genannt wird, haftet seit jeher etwas Geheimnisvolles an.

Seit es aus dem fernen China gegen ein Ausfuhrverbot auf abenteuerlichen Wegen nach Europa gelangte, seit den sagenhaften Reiseschilderungen eines Marco Polo.

Und in Europa suchten Handwerker, Künstler und Alchemisten hinter das Geheimnis zu schauen, die Zusammensetzung des feinen Werkstoffes zu entschlüsseln; allen voran ausdauernd Johann Friedrich Böttger am Hofe August des Starken zu Dresden der Barockzeit und Leiter der Manufaktur in Meissen.

Diese außerordentliche Wertschätzung galt und gilt besonders dem feinen, zarten hellelfenbein- farbenen Biskuit-Porzellan.

Es hat eine einzigartige Anmutung, die mit der lichten Oberfläche und seiner grazilen Wirkung als Volumen, mit einer filigranen Erscheinung auch bei kräftigen Formen anschaulich wird. In dieser werthaltigen Tradition steht die Keramikerin Ursula Commandeur mit ihren eigentümlichen Kunstobjekten. Die Künstlerin zeigt neue Arbeiten, die noch weiter, noch anschaulicher in die Spannung zwischen Zartheit und Härte eingeformt sind. Sie gestaltet einzigartige Gebilde voller Anmut und Charakter.

Ihre Kunstwerke sind so anmutig, dass sie zum Streicheln einladen. Sie rufen Empathie wach, wirken so zart und weich und warm, sind aber fest und kalt und zeigen auch harte, fast industriell anmutende Formen. Die feinen Drähte wirken oft wie feine Fühler, manchmal scheinen sie sogar langsam wie in Trance zu schweben.

Dann wieder klar und rein steht die Form vor Augen, nüchtern und sachlich. Ursula Commandeurs Kunstobjekte wirken dann gerade in ihrer Schlichtheit und Überschaubarkeit poetisch. Trichter, Kegelformen, runde Aussparungen sind additiv zu größeren Einheiten verbunden. Das Individuum der einzelnen Form konkurriert mit der seriellen Wiederholung.

Was kann man aus einem Klumpen alles formen? Die Künstlerin ist eine Schöpferin: Fast biblisch in der immer wieder grundlegend beginnenden Arbeit im aufbauenden Gestalten, denn Kommunikation heißt „im Flusse sein“.

Weiche Materialien betonen diese Bewegung und Veränderbarkeit. Porzellan ist zunächst weich, nach dem Brennen aber hart, behält aber die Anmutung der Biegsamkeit.

Es liegt ein eigener Reiz darin, dass das Kunstwerk zum Berühren, zum Anfassen lockt, aber dieses verweigert wird.

So muss die Vorstellung der Vollendung zu Hilfe kommen, den Beweis anbieten zur Zufriedenstellung. Der Tastsinn wird bei Ursula Commandeurs Objekten zusätzlich angeregt durch ihre feinfühlige und behutsame Ausarbeitung.

Da streiten die Liebenden in ihrer Zuneigung darüber – und sie können es jedes Mal neu entfachen, was wohl schöner sei, die Vorstellung oder die Vollendung der Zufriedenheit. Jede Seite hat gute Argumente für sich und hebt den Vorrang von Gegenwart oder Zukunft hervor. Doch die Kunst verbindet beide Möglichkeiten. Aktuelle freie Kunst mit dem Material Porzellan, dass eher in dem Bereich der angewandten Kunst angesiedelt ist, stellt für die Künstlerin, die auch mit der anwendungsorientierten Ausarbeitung vertraut ist, eine Freisetzung ihrer Phantasie und ihrer Fabulierkunst voller Ideen heraus.

Ursula Commandeurs Kunstobjekte zeugen von einer Freude und von einer im positiven Sinne Besessenheit, die sich der Anschauung mitteilen. Ihre direkte Wirkung entschlüsselt aber nicht vollständig das Geheimnisvolle, so bleiben ihre permanenten Anregungen und ihre zarte Verzauberung in Bewegung.