Ich nutze das Medium der Malerei, um die verschiedenen Quellen meines Schaffens zu homogenisieren: Fotografien, die ich aufgenommen habe, Standbilder aus Filmen und bearbeitete Foto-Scans. Sie alle vermischen sich durch die Materialien Leinwand und Farbe. Da die verschiedenen Themen aus einer Vielzahl von Quellen stammen, ziele ich darauf ab, sogenannte Pseudo-Stories zu erschaffen, eine oder mehrere Erzählungen, die, basierend auf dem jeweiligen Kontext der Bilder, nur in den Gedanken des Betrachters existieren.

Die Art und Weise, in der ich diese Pseudo-Stories kreiere, spiegelt die Ideen Friedrich Nietzsches wieder, der in seinen Aufsätzen über die Wahrheit (“Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn” - 1873) die Idee einer universalen Konstanten ablehnt und diskutiert, ob eine objektive Wahrheit überhaupt existiert. Er glaubte zu jener Zeit, dass die menschliche Erfahrung willkürlich sei und dass das, was wir gemeinhin Wahrheit nennen, Schuld einer starren Konvention ist, die wir nicht zu überwinden vermögen.

Die Kunst, die ich mache, ist sehr kontextabhängig, denn die Bilder stehen nicht für sich selbst, sondern sie regen den Betrachter eher dazu an, eine alternative Geschichte zu finden - einen Inhalt, den das einzelne Bild schlicht und einfach nicht liefert. Hat der Betrachter dies erst einmal realisiert und versucht, die einzelnen Arbeiten miteinander zu verbinden, nimmt er tatsächlich daran teil, auf eine sehr kreative und einbeziehende Weise Kunst zu schaffen. Ich ziehe diesen Prozess einer didaktischen Erzählung vor, weil ich - zum Teil basierend auf Nietzsches Idee - davon überzeugt bin, dass es unmöglich ist, einen Gedanken ohne Verluste auf ein Medium zu übertragen. Die Information würde immer, teilweise oder sogar ganz, missverstanden werden. Dieses Missverständnis würde dann neue Ideen mit sich bringen, die ihrerseits von teilweisem oder gänzlichem Missverständnis geprägt wären und so weiter… Die Grundidee ist, Kunst zu kreieren, die nicht didaktisch ist. Es gibt weder richtig noch falsch in der Interpretation dieser Kunst und so wird das eigentliche Missverständnis zu einem kreativen Prozess. Die Themen, die ich für meine einzelnen Bilder auswähle, sind nicht mehr als Orientierungshilfen oder auch Blickpunkte in einem sehr viel größeren gedanklichen Prozess. Meine Themen sind Traumata sowie physische und psychische Schäden in Kombination mit Nietzsches Gedanken der Unmöglichkeit einer objektiven Wahrheit. Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Themen sehr weit voneinander entfernt. Dennoch sehe ich beide als Teil der Probleme des menschlichen Körpers: Auf der einen Seite der Drang, uns selber in den Schönheitsidealen wiederzufinden, die von Medien transportiert werden, die aber selbst nur manipulierte Wahrheit darstellen, und auf der anderen Seite die physischen Aspekte wie das Trauma nach Unfällen oder Eingriffen der plastischen Chirurgie.

Der Akt der Malerei als bearbeitete Fotografie akzeptiert seine eigene Realität. Jean Baudrillard verdeutlichte, dass die sogenannten Simulacra, simulierte Realitäten, in der zeitgenössischen Kultur oft den eigentlichen Beobachtungen der Realität vorausgehen. Es ist dieser Logik geschuldet, dass wir die Realität beispielsweise oft durch die Brille der Medien wahrnehmen. Unsere Ideale und Erwartungen basieren weitestgehend auf diesen Medien. Zusammen mit dem Wunsch, uns mit unserem Idol (dem Simulacrum) zu identifizieren, sehen wir uns oft einer signifikanten Diskrepanz zwischen Ideal und Realität ausgesetzt. Meine Werke befinden sich genau zwischen diesen beiden Welten: Sie repräsentieren zum einen die raue Wirklichkeit des Lebens in einem physisch und ästhetisch begrenzten (unvollkommenen) Körper und zum anderen das angestrebte Wunschbild der Perfektion. Ich nutze das Medium der Fotografie, um mich selbst von dem Thema zu distanzieren. Die Wirklichkeit ist nur eine Assoziation in den Gedanken des Betrachters. Das wahre Thema meiner Kunst ist das Simulacrum, das künstlich geschaffene Bild, eine eigene parallele Realität.


András Bakos 2011

Aus dem Englischen übersetzt von L. Philippe Radinger
Redigiert von Norbert Schwirtz